Tagebuch – Yuriko Nakamura

Op Tschernobyl

Tagebuch - Yuriko Nakamura

Tagebucheintrag 01. April 2019

26. April 1986, ehemalige UDSSR, Satellitenstaat Ukraine. Im Osten des Landes kommt es zum damals schwersten Zwischenfall in einem Atomkraftwerk. Im Rahmen eines Stresstest versagen die Sicherheitsmechanismen in deren Folge sich die Brennstäbe immer weiter aufwärmen und es schlussendlich zur Explosion kommt. Die durch die Explosion freigesetzte Radioaktivität kontaminierte die Umgebung des Kernkraftwerks, bis hin zur Stadt Prypjat, über alle bisher bekannten Maße. Das Gebiet ist seit diesem Tagen als Sperrzone Tschernobyl

2006 genau 20 Jahre später. Es ereignet sich eine zweite Explosion in der Sperrzone von Tschernobyl. Das radioaktivverseuchte Gebiet durchlebt einen erneuten Wandel. Nach der Explosion weißt die Zone Anomalien auf. Nichts ist so, wie es die wissenschaftliche Lehre und beigebracht hat. Das Gebiet wird ab sofort nur noch als die Zone bezeichnet und steht seit diesem Tag unter Militärischer Verwaltung durch die Ukraine.

11. März 2011 ein Seebeben im Pazifik vor Japan löst eine Kette von Ereignissen aus, an deren Ende die zweite große Nuklearkatastrophe steht. Höchststufe 7 „katastrophaler Unfall“. Das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi wurde von einen Tsunami überschwemmt, es kam zu erliegen der Hilfsaggregate nach Ausfall der Stromversorgung und somit, zu Überhitzung mit anschließender Explosion.

Alle drei Ereignisse habe ich miterlebt. Keines unmittelbar. 1986 bin ich gerade 9 Jahre alt geworden aber ihre Auswirkungen.

Tagebucheintrag 26. April 2019

Angekommen in der Zone. Vor vier Monaten habe ich mich noch im Sperrgebiet von Fukushima aufgehalten. Heute erlebe ich das erste Mal Tschernobyl. Der erste Eindruck der beiden Gebiete könnte nicht weiter auseinander liegen. Tschernobyl die Stadt Prypjat, eine Momentaufnahme die 33 Jahre zurück liegt. Dagegen die moderne Gegen um Fukushima, das Bild einer unglaublichen Zerstörung durch den Tsunami und die Dekontaminierung. Die Wunde in diesem Gebiet ist noch deutlich sichtbarer. Die Natur kommt erst langsam und holt sich ihren Teil zurück.
Und dann ein weiter großer Unterschied. Fukushima ist Fukushima geblieben. Es gab keine oder bisher keine zweite Explosion. Keine Anomalien, keine Artefakte, keine Phänomene die sich nicht erklären lassen. Wird auch in unserem Land, 20 Jahre nach dem Nuklearunfall, eine Transformation stattfinden?

Tagebucheintrag 05. Mai 2019

Ich halte mich bereits eine gute Woche in der Zone auf. Langsam überblicke ich die ersten Abläufe und die Regeln der Bewohner innerhalb des Sperrgebiets. So scheint es zwei größere Fraktionen zu geben, die sich die Zone aufteilen. Zum einen das Militär der Ukraine und zum anderen die Fraktion der Freiheit. Selbst nicht weniger gut gerüstet aber nicht in der Anzahl in der Zone. Daneben viele kleinere Interessengengemeinschaften. Von den üblichen Banditen die ihre Beute wittern bis hin zu Kulten wie der Sekte. Und dann gibt es noch die Stalker. Freiberufliche und für mich die beste Anlaufstelle, um in der Zone anzukaufen, Informationen zu erhalten oder auch geführt zu werden.

Mein Ziel ist klar, ich möchte so nah wie möglich an das Reaktorgebäude. Und hier wird es ohne Unterstützung wohl unmöglich hinzukommen. Zeit mich näher mit den Stalkern zu beschäftigen.

Tagebucheintrag 09. Mai 2019

Auch den meisten Stalkern ist der Weg zum Reaktor zu gefährlich. Heißt, ich werde es auf eigene Faust versuchen. Zur Sicherheit nehme ich aber nur leichtes Gepäck mit und schau, dass ich gerade mein spezielles Gut aus der Heimat, in einem Sicherheitsabstand zum Reaktor deponiere. Wie ich meinen Weg plane, wird sich zeigen. Sollte aber was schief gehen, werde ich Hinweise zu meinem Gepäck auslegen. Besser dieses verschwindet dann wieder aus der Zone. Noch kann ich es nicht verifizieren aber die Probe reagiert mit der Zone Tschernobyl.